Ich darf Sie herzlich begrüßen zur sechsten Doppelstunde der Vorlesung Künstlichen
Irrgänz und juristischen Scheiden von juristischen Methoden zur Computerwissenschaft Legal Tech.
Wir haben ja insgesamt neun Doppelstunden mit drei Gastreferaten und heute sind wir in der
sechsten Doppelstunde. In der fünften Doppelstunde haben wir uns mit wissenschaftstheoretischen und
sprachphilosophischen Herausforderungen befasst. Das war relativ kompliziert und haben dann
natürlich auch das Problem des Linguistik Turn angesehen. Heute stellen wir uns die Frage,
was genau kann man maschinell verarbeiten, formalisieren, Begriff, Wort, Prozess und wir
schauen uns im Detail an, was wir eigentlich an der FAU in Sachen Legal Tech forschen und
für Projekte haben. In der sechsten Stunde heute darf ich nur noch mal ganz kurz anknüpfen an die
letzte Folie der fünften Stunde, die ich Ihnen gezeigt habe. Ich habe sie ja sozusagen mit einer
Paradoxie zurückgelassen und habe Ihnen gezeigt, dass die verschiedenen Kriterien von sozusagen
Wissenschaftlichkeit, beginnend mit der Intuition über die Verifikation, über die Falsifikation,
dann in der Rationalität sich verändert haben, sodass jetzt heute wohl man von der Rationalität
als dem passenden Richtigkeitskriterium von Wissenschaft sprechen kann und wenn man dann
aber überlegt, was sind letztendlich dann die Gründe für Rationalität, woran messe ich das,
dann geht es um Argumentation und dann ist die Frage, wann ist ein Argument gültig, wann ist es
rational, eine Frage der Widerspruchsfreiheit, der Argumentation und so weiter und dann haben wir hier
eben die Möglichkeit Argumentation zu formalisieren durch Formalwissenschaften oder durch
Strukturwissenschaften und wenn wir dann fragen, wo kommt jetzt wiederum die Struktur her, dann müssen
wir feststellen, ja die kommt letztendlich von uns selbst. Wir haben die Struktur geschaffen,
uns über sie verständigt, einen Rahmen sozusagen gezogen, damit wir wissen mit welchen Regeln wir
arbeiten dürfen, bei welchen sozusagen Ausgangspunkten wir beginnen, mit welchen Regeln
wir arbeiten und dann sind die Input-Outputrelationen nachvollziehbar. Und wenn wir unser eigenes Denken
untersuchen, wird es eben sozusagen selbstreferenziell und deswegen kann man das dann mit der Paradoxie,
der Urparadoxie des Epimene das wieder vergleichen, Sie erinnern sich dieses Kästchen, alles was in
diesem Kasten steht, ist falsch, das ist selbstreferenziell, das ist eine paradoxe Aussage und auch mein Denken
über mein Denken ist auf sich selbstbezogen, also selbstreferenziell und in diesem sozusagen
subjektiven Denken sind wir gefangen. Es ist uns sozusagen nicht möglich auf etwas außerhalb von
uns selbst zuzugreifen, es gibt sozusagen keine objektiven Richtigkeitskriterien mehr außerhalb
von uns selbst und das ist sozusagen ein bisschen das Grundproblem vor dem wir jetzt stehen, was
sollen wir jetzt tun, woher wissen wir ob eine Entscheidung richtig ist oder nicht, eine Gerichtsentscheidung
und so weiter. Dann die Lösung des MU-Rätsels, die Frage war ja, können Sie MU erzeugen mit den
vier Regeln die ich Ihnen angegeben habe, also Sie beginnen mit MI, wenden darauf die Regel 2
an, kommen zu MIi, wenden nochmal die Regel 2 an, kommen zu M4i, wenden dann die Regel 3 an, zum Beispiel
MUi und so weiter und die Frage ist, können Sie diesen Ausdruck mit den vier Regeln so umformen,
dass am Schluss MU als Ergebnis dasteht, dann würden Sie aus MI mit den gegebenen Regeln MU
erzeugen können. Das wäre die Aufgabe gewesen und die Lösung dieses Rätsels ist, es geht nicht.
Irgendwann müssten Sie festgestellt haben, dass Sie mit diesen Regeln aus diesem MI kein MU erzeugen
können. Wenn man sich das dann genauer anschaut, dann stellt man fest, es geht prinzipiell nicht,
weil sozusagen die Regeln so gestaltet sind, dass man nie des i ganz los wird und das liegt
einfach daran, dass ich hier einmal das 2i verdoppeln kann auf 4i, aber ich kann immer nur 3i streichen,
um ein u zu schreiben, also es bleibt mir sozusagen immer irgendwie ein i übrig und dadurch komme ich
nie auf das MU. Das heißt, durch Ausprobieren der Regeln könnten Sie erkannt haben, erfahren haben,
dass Sie sozusagen aus dem System aussteigen müssen, denn auch ein unendlich langes Anwenden
der Regeln in beliebiger Kombination führt nicht zum Erfolg. Eine Maschine würde das nicht verstehen
können, die Maschine könnte nur die Befehle befolgen, wir haben ihr vier Befehle gegeben,
die formuliert und formt alles um und würde nie zum Ende kommen, würde sich sozusagen bis unendlich
lang rechnen und es käme nie MU raus. Der Mensch hat die Fähigkeit, die Regeln zu hinterfragen,
sozusagen aus dem Kasten auszusteigen, in dem er sich befindet und festzustellen, dass das vielleicht
gar nicht geht. Und dann fängt er vielleicht an zu prüfen, warum es nicht geht und stellt dann fest,
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:16:16 Min
Aufnahmedatum
2021-01-26
Hochgeladen am
2021-01-27 01:49:32
Sprache
de-DE